Seit wenigen Tagen ist er da, der Tag 42, und so langsam habe ich jetzt auch kapiert was los ist: Ende 2017 gehen wir vier nach Bremen, der Scooperhund kommt mit. Er sagt zwar, ohne Strand schmecke ihm auch der beste Smoothie nicht. Aber nu‘, wer kann sich schon immer nach dem Hund richten.
Seit Monaten warten wir nun darauf, dass der Job, der dem Göttergatten in East London versprochen wurde, endlich real wird. Ich erinnere mich, wie ich im September im Discounter von dem potenziellen zukünftigen Arbeitgeber meines Mannes von der Nachricht überrascht wurde, mein Mann könne nun mittlerweile zwischen zwei attraktiven Stellen wählen, an denen er dringend gebraucht würde. Ich wäre schon damals, zwischen butternut, potatoe und Ananas, fast in Tränen ausgebrochen. Zu oft schon schien der jeweilige Job zum Greifen nahe, nur noch diese eine Sitzung, nur noch diese eine Unterschrift, gleich, bald, nächste Woche, ganz bestimmt, dass klappt, das Projekt wird auf jeden Fall etwas. Es wurde nichts.

Dran glauben, meistens klappt es dann. Und wenn es nicht klappt: Mach neu.
Es fühlte sich monatelang so real an, so nahezu greifbar: Dass wir noch ein weiteres Jahr in East London bleiben können. Dass es richtig war, nicht direkt nach Bremen zu fliegen, besser: zu fliehen, als die versprochene Vertragsverlängerung durch den ersten East Londoner Arbeitgeber ganz kurzfristig nicht zustande kam. Dass sich der anstrengende Umzug in das kleinere Haus gelohnt hat, weil da ja die Hoffnung auf den anderen Job war. Den man auch deshalb unbedingt wollte, damit der Sohn hier in einem Jahr sein Abitur in der Tasche hat. Es an einer Schule machen kann, an der er das Lernen liebt, an der die Tochter sich absolut wohlfühlt mit ihren Freundinnen.
Einer Schule, der ich jeden Tag dafür dankbar bin, dass sie meinen Kindern den Spaß am Lernen erhält und sie darin bestmöglichst unterstützt. Natürlich möchte man da bleiben, wir wollten es. Man kennt das doch: never change a winning team. Und es ist so was von winning hier: Die Kinder gehen quasi an jedem Tag gerne zur Schule, haben Spaß, finden Lehrer und Lerninhalte größtenteils sehr gut und spannend. Wo gibt’s denn so was? Das gibt es, unter Anderem hier in East London, an der Merrifield Preparatory School and College. Diese Schule zu verlassen schmerzt so sehr, wie der Abschied von Meer und Strand und Sonne und von Menschen, die (ich habe das mehrfach erfolgreich erprobt) immer zu spontanen Tankstellentänzen aufgelegt sind. Aber es hilft ja nix: Es ist Ende Oktober und wir stehen immer noch ohne Vertrag da. Unsere Situation ist weder emotional noch finanziell weiter tragbar, da hilft auch alles Tanzen nix.
Das Leben in East London ist für uns deutlich teurer, als in Bremen zu leben: 800 € für unsere geliebte Privatschule im Monat. Man braucht zwei fitte Autos, in Bremen reichen uns vier Fahrräder, die Straßenbahn und unsere Bahncards. Wir haben in Südafrika trotz jahrelangem Kampf das Kindergeld nicht bewilligt bekommen und haben jetzt seit Juli kein Einkommen mehr. Wohnungen und Häuser, in denen man geschützt leben kann (und da rede ich noch nicht von den richtig schicken mit Pool und Meerblick), kosten hier nur minimal weniger als in Deutschland. Lebensmittelpreise sind ungefähr auf deutschem Niveau, manches ist teurer, manches etwas billiger, das kommt schnell aufs Gleiche raus. Zumindest wenn man lecker Käse auf dem Brot, sehr viel Frischgemüse und öfters mal Vollkornbrot essen will. Mal ein Weinchen oder ein Bier trinken will. Nicht das Hipsterbier aus Nahoon, bitte. Das schmeckt wie es heißt, nach süßlichen Hipstertränen, das geht gar nicht.
Finanziell ist das Leben in East London für uns nicht länger zu wuppen. Wir haben großzügige familiäre Unterstützung bekommen und einen Teil unserer Ersparnisse verbrannt, weil wir das Ziel hatten, am Ende mit einem gut bezahlten Job für den Göttergatten dazustehen. Einem, der es uns erlaubt, wenigstens noch das Jahr bis zum Abitur unseres Sohnes hier zu bleiben. Das klang immer wieder sehr realistisch und zum Greifen nahe. Wir haben alles dafür getan: Sind umgezogen, haben uns auf eigene Kosten um die Visumsbewilligung gekümmert. We are ready, but there is still no job. Und nun ist time-out, finito, Schluss mit dem Warten.
Dennoch: Die Entscheidung zum hiesigen Schuljahresende zu bleiben war die Richtige für uns: Nach dem Ausbleiben der Vertragsverlängerung sind finanzielle Zusagen von dem ehemaligen Arbeitgeber meines Mannes nicht eingehalten worden. Das hieß, wir mussten uns vor ein paar Monaten überlegen, ob wir unsere Kinder von heute auf Morgen aus ihrer geliebten Schule und aus ihrem südafrikanischen sozialen Umfeld reißen und sie ratzfatz zurück nach Deutschland verpflanzen. Wohin auch immer, unser Haus in Bremen war an eine Wohngemeinschaft vermietet, da wären wir so schnell nicht reingekommen. Außerdem haben wir Südafrika, trotz aller Widrigkeiten, lieben gelernt, es ist ein Zuhause geworden. Nicht einfach wegzurennen als es eng wurde, war zwar teuer und anstrengend, aber unser Resumee als Familie ist: Es hat sich definitiv gelohnt.
Die Joboptionen in East London sind nun zwar endgültig geplatzt, aber wir gehen mit einer gewissen Ruhe, einem Plan in der Tasche und zum hiesigen Schuljahresende. Wir können jetzt nicht bleiben, haben aber wenigstens noch in Ruhe Zeit uns zu verabschieden, Spaß am Meer und mit Freunden zu haben bevor wir Ende dieses Jahres Auf Wiedersehen zu East London sagen. Ich würde immer wieder hierher kommen. Und, zumindest als Besucherin, werde ich das auch. Alles Andere wird sich dann schon finden. Bis bald auf diesem Kanal! Enjoy!
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